Ein weiterer Trail Ultra, von der UTMB World Serie war der länger geplante Monte Rosa Walser Waeg. Die Veranstaltung mit verschiedenen Distanzen im Angebot führte durch das italienische Aosta-Tal und ich entschied mich für die Langdistanz mit über 120 Kilometer. Unsere Unterkunft haben wir mittig zwischen Start und Ziel gewählt, was für Liv als Begleitung nicht gerade leicht zu fahren war. Da der Lauf durch verschiedene Täler und über mehrere Bergpassagen verlief, war die Anreise für die Begleiter und Helfer sowohl per Bus als auch mit dem Auto umständlich.



Die über 121 Kilometer und über 8100 Höhenmeter lange Distanz führte am Freitag den 18.07.25 um 19:00 Uhr von Aosta über die Dörfer und Höhenpassagen durch Cervinia und bis nach Gressoney-Saint-Jean. Von Aosta starteten über 400 Läufer aus dem Ort und bereits nach wenigen Kilometern auf den ersten größeren und längeren Anstieg.
In die Nacht hinein waren die Teilnehmer mit ihren Stirnlampen auf sich gestellt und hatten zwischen 5 und 14 Kilometern zwischen den einzelnen Verpflegungsstationen und teilweise sehr steile Passagen zu bewältigen. Für mich waren die ersten 45 Kilometer bereits die größte Herausforderung, da ich neben den nächtlichen Stunden und steilen Passagen auch zwei Stürze durch Unachtsamkeit wegzustecken hatte. Zum Glück nur auf einem weichen Trail, ohne größere Verletzung, jedoch förderten diese nicht gerade die Motivation. Das sonst meist anhaltende und fast schon magische Läuferhoch blieb leider bis in die frühen Morgenstunden aus. Ich lies mich dieses mal auch von vielen Kleinigkeiten aus meinem Lauf-Fokus ablenken und aus der Ruhe bringen; so ärgerte ich mich innerlich sehr über den Umgang einiger Läufer mit ihren Stöcken oder die Helfer, die mich an den Verpflegungspunkten nicht ausgestreckt liegen ließen, um mich zu dehnen.



Bei dem VP bei Kilometer 45 wartete dann Liv bereits auf mich und war mindestens ebenso müde und ausgelaugt wie ich. Auf die Biertischgarnitur gelehnt hätte ich (ca. 03:30 Uhr) am liebsten aufgehört und einfach nur geschlafen. Ein 10 minütiger Power-Nap auf einem Feldbett und kleine Verpflegung später konnte mich dann doch ein anderer deutscher Läufer motivieren, wenigstens noch bis zum nächsten VP weiterzumachen. Dort käme dann auch langsam die Dämmerung und wieder mehr sehenswerte Umgebung. Gesagt getan; aufgerappelt und auf den Aufstieg gestartet.
Über eine längere Bergetappe mit ca. 32km ging es über mehrere Passagen bis nach Breuil Cervinia, was das nächste Ziel für mich und Wiedersehen mit Liv bedeutete. Auf der Strecke konnte ich wieder Motivation finden, als die morgendliche Dämmerung einsetzte und der Blick auf die beeindruckende Gipfelkulisse und das Matterhorn-Massiv zu sehen war. Über den Wolken ging es dann in Richtung Cervinia.



Dort angekommen konnte ich mich nochmals mit warmer Mahlzeit verpflegen und bekam eine hervorragende Salbung und Massage was mir den Mut und die Motivation für den letzten Teil der Etappe gab. Der Aufstieg auf die 3000m und nochmals gute 42km standen bevor. Zudem war ein aufziehendes Unwetter angekündigt. Aus dem italienischen Wintersport-Ort hinaus ging es über die Ski-Pisten und an den Liftanlagen entlang etliche Kilometer und gefühlt genauso viele Höhenmeter bis zum höchsten Punkt des Rennens auf die Colle Cime Bianche auf knapp 3000 Meter. Schon bald setzte Regen ein und die Sicht wurde durch Nebel schlechter. Mit dem schlechteren Wetter sank auch die Temperatur und ich musste zunehmend auf die Schritte und vor allem den richtigen Weg achten. Über den Gipfel passiert ging es in Serpentinen vorbei an Bergseen, durch Champoluc und nochmals über eine Bergpassage endlich in den letzten Abstieg ins Tal in Richtung Gressoney-Saint-Jean.



Von Liv erwartet konnte ich dann nach 26h 31min 29s als Gesamt 107er das Ziel überqueren. Im Ziel gab es für die Läufer eine Zielverpflegung und ein Bier, was beides selten so gut geschmeckt hat. Die Müdigkeit setzte jedoch schon beim Weg zum Auto ein und keine Minute nach Abfahrt schlief ich tief und fest (irgendwo zwischen Beifahrersitz und Schaltknüppel) ein.
Ein landschaftlich unglaublich schöner, aber auch sehr herausfordernder Lauf durch die vielen Höhenmeter und das Gelände!

