Was für ein Lauf; einmal Sylt über 111km bei traumhaftem Wetter umrunden! Das war definitiv der bisher verrückteste, anstrengendste aber auch schönste Lauf, den ich absolvieren durfte. Durch Dünen, Sand und viel Asphalt alle schönen Punkte in Sylt in einem Lauf besichtigen und dabei von den Schafen und Besuchern der Insel mit erstaunten Blicken und teilweise Kopfschütteln beobachtet werden. Aber ganz von vorne…
In den Weihnachtsfeiertagen 2023 zwischen Food-Koma und Spaziergängen mit der Familie kam die Frage von Liv auf, was ich denn am 04.05.2024 machen würde. Bis dato stand nichts im Kalender und so war schnell klar, der North Sea Ultra 2024 ist die Herausforderung für den ersten 100 Kilometer Lauf.
Das Mai-Wochenende bot sich mit einem Brückentag für ein verlängertes Wochenende an um die Zeit auf der Insel noch für eine Wattwanderung und Besichtigung im Norden und Süden vor dem Wettkampf zu nutzen. Das Glück mit dem Wetter stand ganz auf unserer Seite, denn die Tage vor der Anreise und auch nach der Abreise waren regnerisch und stürmisch. Mit der Bahn nach 12 Stunden Fahrt angekommen freuten wir uns auf die relativ zentrale AirBnB-Unterkunft.



Am Freitag vor dem Wettkampf-Tag fand bei „Project-Bay“ in Rantum die Startnummernausgabe und das Briefing statt. Insgesamt meldeten sich knapp 60 Einzelläufer und drei Staffeln mit jeweils drei Läufern für die 111km Distanz an. Ein großer Zuwachs an Teilnehmern bei der zweiten Ausgabe des Laufes, der auch im UTMB Index gelistet ist. Das relativ junge Team aus den Veranstaltern begrüßte die Teilnehmer sehr herzlich und die Vorfreude war neben den Läufern auch dem Orga-Team anzusehen.
Für ein relativ kleines Entgelt konnten die Läufer und deren Begleiter oder Supporter einen Gutschein für die Pasta-Party nach dem Briefing erwerben. Die Pasta konnte bei „Gosch“ in Kampen an der Westküste eingelöst werden.



Am Wettkampftag wurden ab 05:30 Uhr morgens die Transponder von RaceResult beim Start am Parkplatz der „Sturmhaube“ in Kampen aktiviert. Der Start erfolgte bei bewölktem aber trockenem Wetter um 06:00 Uhr. Die Teilnehmer wurden von den Organisatoren und Helfern bejubelt und auf die noch sehr einsame Strecke in den Norden geschickt. Das Teilnehmerfeld trennte sich bereits auf den ersten 10 Kilometern sehr schnell auf. Die Läufer wurden teilweise von deren Begleitern per Fahrrad oder Auto auf bzw. neben der Strecke verfolgt und begleitet. Im Norden ging es in das Naturschutzgebiet auf den Ellenbogen, um den nördlichsten Teil der Insel zu belaufen. Von dort ging es dann wieder ein ganzes Stück retour um an der Ostküste nach List zu kommen. Dort war der dritte der insgesamt 12 Verpflegungsstationen.
Hier gab es Lachsbrötchen zur Stärkung nach den absolvierten 27 Kilometern.
Die Strecke führte die Läufer weiter nach Norden, wieder durch Kampen, über die Dünen nach Keitum, vorbei am Morsum Kliff wo dann der Wendepunkt bei Kilometer 53 am östlichsten Punkt war. Von dort führten die nächsten langen 18 Kilometer über den Deich und das Rantumbecken. Dort war auch für mich die härteste Probe auf der Strecke zu bewältigen. Der Blick in den Süd-Westen bis nach Hörnum, auf die bevorstehenden Kilometer am Horizont; ein schmerzendes Knie und außer den vielen Schafen kaum Menschen die einem zujubelten oder einen guten Weg wünschten.
In Rantum wurde wieder „Project Bay“ angelaufen, wo es für die Läufer eine warme Mahlzeit mit Nudeln und Gulasch, und die am Vortag abgegebenen DropBags mit den persönlichen Gegenständen geboten gab. Diese Station musste auch auf dem Rückweg in den Norden wieder bei Kilometer 99 angelaufen werden. Hier war dann das Mitführen von einer Stirnlampe Pflicht.



Nach einer Mahlzeit und dem Tausch der Trinkflaschen ging es weiter in den Norden bis nach Hörnum. Die Strecke war im Vergleich zu den bisher absolvierten Kilometern eher zäh und karg. Die Radfahrer und Autofahrer, die teilweise stehen blieben um zu fragen welche verrückte Aktion hier gerade stattfände, oder auch jubelten, waren große Unterstützung. In Hörnum wurde der Fischmarkt passiert und bei der Feuerwehrstation die Verpflegungsstation angelaufen. Gut gemeint, aber nach den vielen zehrenden Stunden nicht die ganz passende Verpflegung warteten die Männer der Feuerwehr mit Bier und Gurkenscheiben an der Station auf die Läufer. Von dort ging es wieder in den Norden bis nach Rantum. Hier passierte ich mit Blick auf das Ziel nur kurz die Station und freute mich auf die letzen 10 Kilometer.



In Westerland wurde die Strandpromenade passiert, wobei nochmal von den vielen Passanten und Restaurantbesuchern gejubelt, teilweise auch verständnislose Blicke für diese Art von sportlicher Betätigung für ein Schmunzeln in mir sorgten. Auf den letzen Kilometern ging es nochmals fordernd durch den Sand auf den Dünen. Die Belohnung dafür war der Blick auf den gigantischen Sonnenuntergang.
Nach 14 Stunden 43 Minuten und 33 Sekunden konnte ich glücklich das Ziel als 32er Teilnehmer erreichen.
Sonnenschein, wenig Wind, nahezu jeder Untergrund der Insel belaufen, jede Ecke der Insel gesehen, glücklich gesund wieder angekommen zu sein und Teil von dem Event gewesen zu sein.
Das war der North Sea Ultra 2024!


Danke an alle Helfer für die tolle und familiäre Orga, an alle an der Strecke jubelnden Passanten sowie Familie und Freunde für die Unterstützung und Support vor Ort und digital! Ich bin gespannt welcher verrückte und spannende Lauf als nächstes ansteht.